Jugend wechselt Räume, Theaterstück aus den zwei Stücken „Krankheit der Jugend“ und „Geburt der Jugend“ geschaffen. Regisseur ist Olaf Rauschenberg
Es handelt sich um ein Schultheater, ein Klassenspiel der 12.Klasse der Waldorfschule Märkisches Viertel in Berlin.
Was kann man von einem Klassenspiel erwarten? Eine Klasse spielt Theater und man geht hin weil die Tochter dort spielt und einen neugierig gemacht hat. Improvisiert und laienhaft, so wird’s sein, hauptsache man erkennt überhaupt ein Stück, so dachte ich.
Allerdings hat sie viel geprobt, die Tochter, fast alles in den letzten Wochen drehte sich um dieses Stück. Wer weiß, vielleicht wird es ja doch gut? Als beim Elternabend „Ole“ der Intendant seine Ideen vorstellte, klang das alles wirr und fantasievoll, kaum verständlich, so wie sie halt sind, die Künstler. Nun war es soweit und obwohl ich einiges durch die Textproben mitbekommen hatte, konnte ich mir immer noch nicht recht vorstellen, was mich da erwartet.
Setzt euch in die Mitte, weiter vorne, hieß es. Gesagt getan und neben mir saß ein netter Herr der mir von seiner Tochter erzählte und mich über das Stück ausfragte, da er noch nicht viel darüber gehört hatte. Ich erzählte ihm nicht viel, nur dass es eventuell etwas schriller werden könnte als Schakespear und dass „unsere“ Tochter die Rolle der Marie mit dem meisten Text spielt, ja eigentlich die Hauptrolle, wenn man so sagen kann.
Als es ruhig wurde und pünktlich anzufangen schien, bäumte sich in mir kurz der Gedanke auf, „wohin bist du hier geraten?“, so quasi als letzter Hilferuf an die Vernunft, weil ich sonst nie freiwillig ins Theater gehe und mich schon vor Langeweile sterben sah.
Aber dann wurde es dunkel und eine weibliche Stimme fing an, düster zu erzählen, der Spotscheinwerfer leuchtete sie aus und machte zusammen mit dem grünen Outfit sein übriges zur dramaturgisch düsteren Stimmung. Etwas dünn klang die Stimme, sie war die erste die Sprach und vor vollem Saal mit kritischen Publikum (die Eltern, Verwandte und Bekannte). Das wird sich noch legen, dachte ich, es sind ja keine Profi-Schaupieler.
Peng, es wurde schrill und laut und hell! Eine Gruppe Punker auf der Bühne fing an laute Musik zu machen und dazu zu singen und zu tanzen. Eine an der Bassguitarre hatte irgendwas großes stacheliges auf dem Kopf und eine andere tanze unten vor der Bühne das mich an den Pogo erinnerte und wieder eine andere hüpfte auf der großen Bassbox herum, während die Jungs wohl irgendwas getrunken oder geraucht haben müssen, um so wild an ihren Instrumenten herumzureißen und darauf zu schlagen.
Ja, es war wirklich schrill! Die Sache fing an, mir Spass zu machen.
Die Musik gehörte zum Stück, es war ein Teil der Jugend. Der andere Teil begann ruhiger, mit leiseren Tönen. Die Bühne war wohl der ganze Saal, in jeder Ecke fand ein Teil des Stückes statt. Vorne stand ein junger Mann im Anzug und sprach, aber da lachte jemand ständig im Hintergrund, lachte aus, den der da sprach. Das Gelächter hörte nicht auf und zog so das Gesagte ins lächerliche. Da vorne gab sich jemand Mühe ernstgenommen zu werden und hinten lachte jemand darüber. Erst jetzt brachte der Scheinwerfer Licht in den dunklen Hintergrund und zeigte die Spielerin die da lachte, streng im schwarzen Anzug, mit dunkler Brille.
Ein anderer spricht aus der anderen Ecke des Saales,
Ich bin gespannt auf die Marie!